Vom Labormaßstab in industrielle Dimensionen
Die Unternehmen verband bereits zuvor eine Partnerschaft. So stellt Glatt seit Jahren Anlagen insbesondere für den Pharma-Bereich der Merck-Gruppe her – etwa zur Produktion von Dragees im Wirbelschichtverfahren. Nun wandten sich die Darmstädter an die Technologieexperten in Weimar, um ein Verfahren, dessen Grundlage in Erlangen geschaffen wurde, vom Labormaßstab auf industriell anwendbare Dimensionen zu vergrößern.
Nach gemeinsamen erfolgreichen Versuchen erteilte Merck Glatt den Auftrag, zur Herstellung sogenannter Ronaflux®-Pigmente eine Anlage auf Basis der chemi- schen Gasphasenabscheidung zu entwickeln und zu errichten. Diese neue Klasse von Pigmenten sind sehr farbintensiv und glänzen metallisch – ohne dass bei ihrer Herstellung Metalle zur Anwendung kommen. Der Effekt beruht auf dünnen Kohlenstoffschichten, die die Pigmentoberfläche umgeben.
In dem grundlegenden Verfahren, um dies zu erreichen, sind die Ingenieure von der Nordstraße Experten: Zunächst wird ein Pigmentpulver mit einem Schutzgas im Reaktor kräftig aufgewirbelt und dabei auf die erforderliche Reaktionstemperatur erhitzt. Nun beginnt die Bildung dünner Kohlenstoffschichten um die Pulverteilchen herum, indem ein kohlenstoffhaltiges Gas eingebracht und zersetzt wird.
Im Technologiezentrum, dass sich Glatt in den vergangenen Jahren dank Förderung der Thüringer Aufbaubank schaffen konnte, habe Merck die ideale Infrastruktur gesehen, um die weltweit erste produktive Anlage dieser Art in dieser Größenordnung entstehen zu lassen. Ihr Baubeginn datiert von 2020. Sie steht auf 74 Quadratmetern und erstreckt sich über zweieinhalb Etagen. Die von Glatt entwickelte und errichtete Produktionsanlage befindet zwar im Eigentum von Merck. Das Weimarer Unternehmen betreibt sie aber als Lohnhersteller der Ronaflux®-Pigmente für Merck im Industriegebiet Nord.